Demokratieverständnis entwickeln mit der Methode "Mehrheitsentscheid"

Als Gruppe entscheiden: In unserem beruflichen Alltag machen wir das viel zu selten. Denn schon einfache Fragen in kleinen Teams können kompliziert werden. Diese Übung zeigt das ganz praktisch, trainiert dabei den demokratischen Diskurs und verdeutlich nebenbei, warum Politik in Deutschland so ist, wie sie ist - und warum das vielleicht ganz gut ist.
Das kann die Methode bewirken
Die Methode "Mehrheitsentscheid" kann als Teambuilding-Maßnahme eingesetzt werden. Sie fördert demokratisches Verständnis, indem Meinungsverschiedenheiten offengelegt und mit dem klaren Ziel, eine Einigung zu erzielen, ausdiskutiert werden. Am besten wird die Methode genutzt, um ein echtes Projekt in der Gruppe zu entwickeln und anschließend umzusetzen. Alle werden mitgenommen und angehört, auch stille oder zurückhaltende Menschen. Ebenso werden Minderheitsmeinungen berücksichtigt. So entsteht eine gemeinsame Arbeitsgrundlage, ein Wir-Gefühl.
So funktioniert die Methode
Schritt 1:
Alle Teilnehmenden füllen die Liste „Mehrheitsentscheid“ für sich individuell aus. Diese Liste können Sie hier kostenfrei herunterladen. In der Liste geht es zu verschiedenen Themen immer um die gleiche Frage: Sollte die Mehrheit darüber entscheiden? Die Themen reichen dabei von simplen Alltagsentscheidungen bis zu den großen politischen Streitthemen. Hier geht es um die Meinungsbildung jeder einzelnen Person. Deshalb erfüllen diesen Schritt alle alleine in Stillarbeit und bekommen dafür fünf Minuten Zeit.
Schritt 2:
Die Teilnehmenden kommen in zufälligen Kleingruppen zusammen (vier bis sieben Personen pro Gruppe) und versuchen, sich auf eine gemeinsame Haltung zu einigen. Der Arbeitsauftrag lautet: "Ihr müsst als Gruppe am Ende als geschlossene Einheit auftreten und zusammen eine Meinung vertreten. Ihr habt dafür 20 Minuten Zeit." - Wie werden die Gruppen diesen Prozess bestehen? Schließen sie Kompromisse, schachern sie um ihnen wichtige Themenfelder oder setzt sich immer die einfache Mehrheit durch?
Wichtig ist hier auch der zweite Arbeitsauftrag, der direkt mit in die Gruppen gegeben werden sollte: Alle Learnings des Einigungsprozesses festhalten. "Was ist eurer Erfahrung nach wichtig, um gut als Gruppe Entscheidungen treffen zu können?" Hieraus wird später ein gemeiner Kriterienkatalog.
Schritt 3:
Im Plenum stellen alle Gruppen ihre Ergebnisse vor. Der Schwerpunkt liegt dabei auf drei Aspekten:
- Wie seid ihr in der Gruppe zu Ergebnissen gekommen? (Wie lief der Prozess ab, wurden alle mitgenommen, was war schwierig?)
- Welche Kriterien für Entscheidungen habt ihr erarbeitet?
- Wie werden Minderheiten und Minderheitsmeinungen abgebildet?
Haben alle Gruppen ihre Ergebnisse vorgestellt, darf in der großen Runde diskutiert werden: "Können wir uns auf eine gemeinsame Liste von Kriterien einigen?" Im besten Fall gibt es direkt im Anschluss ein echtes Projekt, das als lebendes Beispiel für die Umsetzung dienen kann. Hier bietet sich unsere Methode "Design Thinking" an.

Herausforderungen der Methode
Die Teilnehmenden wollen häufig wissen, welche Antworten in der Liste richtig sind, weil sie keine Meinung dazu haben (wollen) und manche Themen bekanntermaßen ein starkes Trigger-Potenzial haben, also heftige Emotionen auslösen können. Es ist wichtig, dass die Person, die die Übung anleitet, die Rolle der Moderation einnimmt, nicht die Rolle der erhabenen Wissenshoheit. Ihre Aufgabe ist es, den gedanklichen Transfer zu fördern: Entscheidungen zu treffen, wenn es kein eindeutiges Richtig und Falsch gibt, ist eine schwierige Aufgabe. Alle, die mitentscheiden, müssen lernen, Widersprüche auszuhalten, Meinungsverschiedenheiten zu akzeptieren und mit Unklarheiten umzugehen, um handlungsfähig zu bleiben.
In der Auswertung (Schritt 3) sollte die Abstraktion eine wichtige Rolle spielen: Was hat das mit uns als Gesellschaft, mit politischen Entscheidungen und beispielsweise Nachhaltigkeit zu tun?
Mehr Trafo-Methoden
In unserem Download-Buffet finden Sie noch viele weitere Materialien, zum Beispiel als Teil der Learnings aus unserem Projekt "RUND.Blick".
Die in diesem Artikel vorgestellte Methode "Mehrheitsentscheid" basiert auf einer Betzavta-Übung (Adam Institute for Democracy and Peace).